27.1.2014 Branders

Employer Branding – Zehn häufige Glaubenssätze.


Das Employer Branding – die gezielte Positionierung eines Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt mit dem Ziel, die passenden Mitarbeiter zu gewinnen – gehört zu einer zentralen Herausforderung für die strategische Unternehmensführung. Die bis anhin weitgehend getrennt operierenden Funktionen Kommunikation/ Marketing und HR sind in einer langfristigen und bereichsübergreifenden Zusammenarbeit untereinander sowie mit der Linie stark gefordert.

 

So oft der Begriff auftaucht, so unterschiedlich und stark von Einzelinteressen geprägt sind die Erwartungshaltungen. Für eine erfolgreiche Konzeption und Umsetzung eines Employer Branding Prozesses ist es zentral, vor Projektbeginn ein gemeinsames Verständnis zu etablieren. Was sind in dem Zusammenhang die häufigsten Glaubenssätze, die, wenn auch nicht gänzlich falsch, doch zu hinterfragen sind?

 

1. «Der War for Talents ist der Hauptgrund für die Relevanz des Themas.» 

Tatsächlich ist der War for Talents in einigen Branchen und hochspezialisierten Berufen Fakt. Es ist jedoch unter Experten umstritten, wie generalisierbar die Entwicklung ist – trotz breiter Medienresonanz. Es gibt weitere Gründe für die Relevanz des Themas: Ein effizienter Rekrutierungsprozess, die Konsistenz im Arbeitgeberauftritt, das Entwickeln eines Selbstverständnisses als Arbeitgeber im Sinne eines Steuerungsinstrumentes, eine erhöhte Attraktivität als Arbeitgeber, sowie der Bedarf an praxisorientierten Arbeitsinstrumenten für das Personalmarketing. Die Ausgangslage ist jeweils unterschiedlich und individuell festzulegen.

 

2. «Die besten Talente stehen im Fokus des Employer Branding.»

Oft ist die Rede von den besten Talenten, oder von den am besten qualifizierten Hochschulabsolventen. Dabei geht gerne vergessen, dass nicht die besten, sondern vielmehr die zum Unternehmen passenden für den langfristigen Unternehmenserfolg entscheidend sind. Passend zur Unternehmensstrategie, zur Führungs- und Unternehmenskultur sowie letztlich zu den konkreten Dienstleistungen und Produkten. Oft werden verhältnismässig viel Ressourcen aufgewendet für die Rekrutierung von Hochschulabsolventen, die nur kurzfristig gehalten werden können aufgrund mangelnder, langfristiger Karriereangebote.

 

3. «Rankings sind der Gradmesser der Arbeitgeberattraktivität.»

Rankings gibt es zu fast allen Themen. Die Methodik und Relevanz der Rankings werden dabei kaum mehr kritisch hinterfragt. Es kommt vor, dass für das Thema Employer Branding Zielsetzungen bezüglich Rankings formuliert werden im Sinne von «Bis in drei Jahren steigen wir unter die Top 10». Diese Erwartungshaltung ist oft unrealistisch: Die Top-Plätze sind von Unternehmen besetzt, die von einer hohen Markenbekanntheit profitieren und viele Stellen zu besetzen haben – gerade für Hochschulabsolventen. So wird ein KMU, das jährlich 3-5 Graduates anstellt, im Ranking nicht konkurrieren können mit einem Konzern, der 50-100 Plätze anbietet. 

 

4. «Neben der Unternehmensmarke braucht es eine starke Arbeitgebermarke.»

Ein Unternehmen ist eine Unternehmensmarke ist eine Marke. Der Begriff «Arbeitgebermarke» ist missverständlich. Oft entsteht so der Eindruck, es handle sich um zwei Marken, was keinesfalls richtig oder nötig ist. Im Zentrum steht zuerst immer die Unternehmensmarke, basierend auf ihrem Profil wird die Positionierung im Arbeitsmarkt abgeleitet und ausdifferenziert. So kann alternativ zum Begriff Arbeitgebermarke vielmehr von der Arbeitgeberpositionierung, dem Arbeitgeberversprechen oder dem Arbeitsmarktauftritt die Rede sein.

 

5. «Die wichtigste Aufgabe des Employer Branding ist die Differenzierung.»

Eine Hauptfunktion der Unternehmensmarke liegt in der Differenzierung gegenüber der Konkurrenz. Im Employer Branding geht es vielmehr darum, das Profil der Unternehmensmarke attraktiv auf den Arbeitsmarkt zu spiegeln. Differenzierung im Employer Branding ist denjenigen Unternehmen vorbehalten, die aufgrund ihrer Grösse oder ihrer Vorreiterfunktion spezifische Themen glaubwürdig besetzen. So steht Google beispielsweise für die innovative Ausstattung von Arbeitsumgebungen und Arbeitszeitmodellen. Ansonsten sind die klassischen HR-Themen einander sehr ähnlich und vergleichbar: Entwicklungsmöglichkeiten, Gestaltungsfreiräume, Diversity-Ansätze, flexible Arbeitsmodelle usw.

 

6. «Die Unternehmenskultur ist eine entscheidende Dimension des Employer Branding.»

Die Wirkungsdimensionen des Employer Branding sind durchaus vielfältig und reichen von der Rekrutierung, Mitarbeiterbindung, Unternehmenskultur, Leistungsmotivation bis zur Unternehmensmarke. Per Definition steht jedoch die Personalrekrutierung im Fokus, da beim Employer Branding die attraktive Positionierung des Unternehmens im externen und internen Arbeitsmarkt im Vordergrund steht. Für die Unternehmenskultur mitprägend ist die Disziplin des Behavioral Branding, bei dem das markenorientierte Mitarbeiterverhalten und damit auch die Führungskultur entwickelt werden.

 

7. «Die interne Vermittlung des Employer Branding hat Priorität.»

Es stimmt grundsätzlich: in der Unternehmenskommunikation gilt der Leitsatz «intern vor extern». So ist auch die interne Vermittlung des Employer Branding wichtig. Dabei ist jedoch zu klären, wer intern gemeint ist, zu welcher Zeit und mit welchen Massnahmen. Wenn die Personalrekrutierung im Fokus steht, so sind die Experten der Personalrekrutierung aus HR und Kommunikation mit Priorität zu schulen und mit dialog- und praxisorientierten Tools für das Employer Branding zu motivieren und zu begeistern. So dann ist zu klären, welche Rolle die Mitarbeiter als Botschafter des Arbeitgebers spielen können und sollen.

 

8. «Die Definition der Zielgruppen ist nicht nötig,  da sie ja bekannt sind.»

Es ist erstaunlich zu beobachten, wie wenig differenziert die Frage nach den Zielgruppen beantwortet wird: Entweder wird die Relevanz der Frage mit dem Hinweis beantwortet, dies sei ja bekannt oder es werden die üblichen zwei bis drei Zielgruppen erwähnt – Kader, Spezialisten, Hochschulabsolventen. Dabei ist entscheidend, welche Zielgruppen und welche qualitativen Profile zu clustern sind aufgrund von strategischen oder operativen Bedürfnissen oder aus Imagegründen. Die vertiefte Diskussion in interdisziplinären Arbeitsgruppen resultiert meist in einem differenzierten Bild, das die Zielgruppen qualitativ definiert, sowie die dazu passenden Inhalte und Massnahmen.

 

9. «Die Hauptmassnahme ist eine Rekrutierungskampagne.»

Es sind oft die Kampagnen, welche einem breiteren Publikum das Thema Employer Branding bekannt machen. Doch wie in der Markenführung sind es nicht allein die Kampagnen, die den Arbeitgeber auszeichnen, sondern ein langfristiges und ganzheitliches Erlebnis vor, während und nach der Bewerbung. Dargestellt an einem Kreislauf von Touch Points, an welchen das Arbeitgebererlebnis Wirklichkeit wird. Die Kampagne ist darin – je nach Bedürfnissen – eine wichtige kurz- bis mittelfristige Massnahme, ein Versprechen, das sich ab dem Bewerbungsprozess der Wirklichkeit stellen muss.

 

10. «Die Experten der Kommunikation sind verantwortlich für das Konzept.» 

Die Frage nach der Zuständigkeit in den Unternehmen führt oft zu Verzögerungen oder Irritationen im Projektverlauf. Darum gilt es diese frühzeitig zu klären: Dabei muss die Projektleitung seitens Kommunikation nicht zwingend sein. Aufgrund der thematischen Verankerung im HR kann eine dortige Zuordnung Sinn machen unter Beizug der Kommunikation oder des Marketings als Fachexperten. Ebenso können geteilte Projektleitungen in der Entwicklungsphase (2-3 Jahre) zielführend sein. In jedem Fall sind die konzeptionellen Inhalte gemeinsam zu erarbeiten unter Mitarbeit der Linie, um die nötige interne Verankerung des Themas zu gewährleisten. 

 

Am Ende gilt es, neben der Kommunikation weitere Realitäten zu schaffen. Eine Positionierung als Arbeitgeber ist nur so stark, wie das reale Angebot, das dahinter steht. Darum ist es für den langfristigen Erfolg unerlässlich, das Thema Employer Branding als nachhaltige Investition zu sehen mit dem Ziel, einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg beizusteuern.