31.3.2011 Hort

Corporate Design für die Bauhaus-Stiftung


IDEE

Ein durchgängiges, neutrales Erscheinungsbild wird nicht in erster Linie durch ein typisches »Branding« mit einer plakativen Wort- oder Bildmarke erzeugt, sondern die einheitliche Lesetypografie (Mengentext), den Umgang mit Weißraum und die Platzierung von Text und Bild (Layout). Die Identität entsteht also vor allem auf struktureller Ebene. Mit minimalem Aufwand soll ein prägnantes Erscheinungsbild entstehen, d.h. mögliche Schriftschnitte, Schriftgrößen und Papierformate werden auf das absolut Notwendige reduziert. Das Layout steht auf einem definierten Grundraster, an dem sich Text und Bild ausrichten lassen. Das Korsett von wenigen Optionen und einfachen Regeln ermöglicht ein effektives, konzentriertes Gestalten aller Medien der Kernebene.

 

UMSETZUNG

Die Schriftmischung 

1.) Die neue Identität wird wesentlich bestimmt durch die Wahl der Hausschrift. Als Ausgangspunkt dient die Courier, die sich aufgrund ihrer Geschichte als die generische, anonyme Schrift schlechthin besonders eignet: Mitte der 50er entwickelt als Schreibmaschinenschrift für IBM, erfährt die Courier enorme Verbreitung, da sich der Konzern keine Exklusivrechte sichert und die Courier so zu einer der gängigsten Schriften innerhalb der gesamten Schreibmaschinen-Industrie wurde. Seit Mitte der 80er wird die Courier als Systemschrift mit Mac OS ausgeliefert, ab Anfang der 90er mit dem Betriebssystem Windows (als Courier New). Sie ist damit auf nahezu jedem Rechner vorhanden und gehört deshalb zu den sogenannten core fonts, den Standardschriften zum Gebrauch im Internet. Sie dient außerdem in vielen Textverarbeitungsprogrammen als Ersatz für fehlende Schriften. Die Courier ist eine absichtslose Schrift und steht im Allgemeinen für »Nicht-Gestaltung«.
Nachdem die Courier für die Schreibmaschine entworfen wurde, handelt es sich um eine nichtproportionale Schrift, d.h. jeder Buchstabe nimmt die gleiche Breite ein, wodurch sich ein mechanisches, rasterhaftes Schriftbild ergibt. Somit entfällt bei der Gestaltung die Notwendigkeit, den Satz zu überarbeiten und Buchstabenabstände individuell anzupassen. Trotzdem verfügt die Courier über einen ausgewogenen Charakter und ist dem Auge des Lesers vertraut aufgrund ihrer Allgegenwärtigkeit seit Mitte des 20. Jahrhunderts. In dieser Hinsicht ist sie wohl nur mit der Helvetica zu vergleichen, die jedoch mehr mit modernistischer Schweizer Typografie und dem Unfehlbarkeitsanspruch anonymer Großkonzerne identifiziert wird. 

 

2.) Ergänzende Schriften: Für alle Medien, die eine gewisse Fernwirkung verlangen (Plakate, Leitsystem, Flyer, etc.) wird Arial Black als Headline-Schrift eingeführt. Ebenso wie die Courier handelt es sich um eine Systemschrift, die auf allen handelsüblichen Rechner installiert ist, wodurch die generische, »nicht-gestaltete« Anmutung des Entwurfs erhalten bleibt. Der extrem fette Schnitt der Arial Black eignet sich besonders aufgrund seines plakativen Charakters. Außerdem kommt für die Sonderfälle Magazin und Leitsystem ein weiterer Schnitt der Arial zur Anwendung, Arial Narrow. Die Engschrift eignet sich im Magazin für den textlastigen Wissenschaftsteil aufgrund der besseren Lesbarkeit über lange Strecken hinweg und dient zusätzlich der Abgrenzung von den übrigen Inhalten. Im Leitsystem übernimmt die Arial Narrow die Funktion der Grundschrift, da sich bei der Courier ab einer gewissen Größe die individuelle Buchstabenform zu sehr aufdrängt und die gewünschte Neutralität verloren geht.

 

BEZUG ZUM BAUHAUS DESSAU

Eine visuelle Verbindung zum Bauhaus wird nun auf mehreren Ebenen des Entwurfs hergestellt: 

1.) Auf mikrotypografischer Ebene: der Schriftzug »Bauhaus Dessau« als Wortmarke nimmt direkt Bezug auf die typografische Fassadengestaltung des Gebäudes und wird stets vertikal gesetzt. Die ungewöhnliche Ausformung des Buchstaben »A«, der nicht in einem spitzen Winkel zuläuft sondern einen Bogen bildet, wird ebenfalls in die Hausschrift übernommen – aus der Courier wird die Dessauer Courier. Die Einführung dieser A-Sonderform, die in der Tradition der experimentellen Bauhaus-Typografie steht, erzeugt zudem eine durchgängige, aber subtile Markierung der Mengentexte aller Publikationen. 

 

2.) Auf makrotypografischer Ebene: der Schriftzug »Bauhaus Dessau« wird auf allen Formaten in eine der vier Ecken gesetzt, was wiederum auf die Platzierung der Schrift an der Fassade zurückgeht. Ausgehend von diesem Motiv leitet sich das übergreifende Layout ab und jedes Medium wird von den Ecken her gestaltet (Anordnung von Headlines, Bildern, etc.). 

 

3.) Auf der Farb- und Material-Ebene: das Papier, auf dem Briefschaft sowie alle übrigen Drucksachen (Broschüren, Flyer, Magazin etc.) gedruckt werden, greift in abgeschwächter Form den gelblichen Ton auf, der zuvor für die Ausstattung verwendet wurde. Mögliche Formate sind die DIN-Standardgrößen, die Typografie kommt mit einer einzigen Druckfarbe aus: Schwarz. 

 

4.) Auf der Ebene des Bildinhalts: Schließlich wird durch die Integration der Bauhaus-typischen Bilder und Formen ein Bezug hergestellt. Die einfache, strenge Gestaltung bildet einen soliden Hintergrund und trennt sich eindeutig von den historischen Formen, ohne den Bezug zum Bauhaus aufzugeben.