10.9.2012 Branders

Das markenbasierte Kompetenzmodell.


Neuere Studien belegen, dass Unternehmen mit engagierten Mitarbeitenden um ca. 16 Prozent rentabler sind und ca. 18 Prozent treuere Kunden haben (Gallup, 2010). Mitarbeitende bestimmen den Erfolg des Unternehmens wesentlich mit und werden so zum klaren Wettbewerbsvorteil. Bloss: Ist ihnen auch klar, wofür sie sich zu engagieren haben und was wirklich von ihnen erwartet wird? Der Allgemeinplatz der «Kundenorientierung», die explizit mittlerweile in jeder Unternehmens- und HR-Strategie vorzufinden ist, hilft nicht wirklich weiter. Vielmehr gilt es zu klären, welche konkreten Kompetenzen und Verhaltensweisen geschätzt und erwartet werden. Die Marke kann und muss dabei die Antworten liefern.

 

Marke steuert Verhalten

Internal Branding hat die zentrale Aufgabe, die angestrebte Positionierung der Marke im Mitarbeiterverhalten so zu verankern, dass sie für Kunden konsistent erlebbar wird. Erst wenn dies gelingt, tritt die Marke den Beweis an, dass sie mehr als Kommunikation ist, sondern vielmehr Verhalten steuert. Als Basis dazu wird in der Markenpersönlichkeit definiert, wofür die Marke steht und welche Inhalte sie transportieren soll. Wichtig ist, dass die Markenpersönlichkeit immer auch und vor allem aus Sicht des erwünschten Mitarbeiterverhaltens definiert wird. Dies wird beim Erarbeiten von Unternehmensmarken oft unterschätzt. Die Kunden- wie auch die Mitarbeiterperspektive sind gleichermassen zu berücksichtigen: Neben den relevanten Kundentreibern und dem Differenzierungspotential im Markt ist das Mitarbeiterverhalten das dritte wichtige Kriterium. Eine zentrale Rolle beim Definieren und Steuern der Markenpersönlichkeit spielen die Werte.

 

Werte als Basis

Mit den Werten wird definiert, was den typischen Charakter der Marke auszeichnet. Die zentralen Merkmale zeichnen sich folgendermassen aus:

 

– Werte dienen als Orientierung für das Handeln übergreifend in allen Wirkungsdimensionen der Marke, im Erscheinungsbild, in der Kommunikation, im Verhalten, in der Unternehmenskultur sowie in den Produkten und Dienstleistungen.

– Werte dienen als allgemeiner Orientierungsrahmen, nicht als Vorschrift für spezifische Situationen. Ihre Allgemeinheit schafft einen Wegweiser aber noch keine direkten Anweisungen. Um Verbindlichkeit zu schaffen, gilt es diese in konkrete Hilfestellungen herunterzubrechen.
– Werte dienen so dem Zusammenhalt der gesamten Markenidentität und schaffen allen Stakeholdern der Markenführung eine gemeinsame Orientierung.

 

Werte in Kompetenzen übersetzen

Im Kompetenzmodell werden die Fähigkeiten, Fertigkeiten, das Wissen und die Eigenschaften definiert, die notwendig sind, um die erwartete Leistung für ein Stellenprofil zu erbringen. Es dient als Leitfaden für alle Mitarbeitenden und führt die relevanten Kompetenzen und Verhaltensweisen auf, die zur Umsetzung der Unternehmensstrategie dienen.

 

Das markenbasierte Kompetenzmodell folgt den in der Markenpersönlichkeit definierten Werten. Die Praxis zeigt, dass in der Regel eine begrenzte Anzahl von drei Werten reicht – auch im Sinne einer einfachen Umsetzung. Erst die Kombination der Werte schafft die Grundlage für eine einzigartige Markenpersönlichkeit und beinhaltet emotionale, kognitive sowie handlungsrelevante Merkmale.

 

Pro Wert werden die erwünschten Kompetenzen dekliniert und zugeordnet, die das Verhalten reflektieren, mit welchem die Marke erlebbar werden soll. Die drei Werte können je nach Bedarf ergänzt werden um Verhaltensstandards und Kompetenzen, die unabhängig von der Marke als Standards für jede erfolgreiche Organisation wichtig sind – wie z.B. fachliche Kompetenzen oder generelle Führungskompetenzen. So verknüpft das Kompetenzmodell die Marke mit den gewünschten Verhaltensweisen und schafft eine Grundlage für ein konsistentes Bewerten und Entwickeln der Mitarbeitenden.

 

Ganz im Sinne der Markenführung nach Klarheit, Konsistenz und Kontinuität liefert das Kompetenzmodell ein wirkungsvolles und effizientes Instrument:

 

– Klarheit: Die Erwartungen an die Haltung, die Kompetenz und das Handeln der Mitarbeitenden auf allen Hierarchiestufen werden präzisiert und transparent gemacht und liefern eine faire Grundlage beim Festlegen von Zielen sowie für die Personalentwicklung.

– Konsistenz: Die einheitliche Kommunikation der wichtigsten Kompetenzen in der gesamten Organisation fördert den «One Company»-Gedanken.

– Kontinuität: Die langfristige Umsetzung der Verhaltensweisen schafft einen spürbaren und messbaren Unterschied bei den Zielgruppen.

 

Die Wirkungsdimensionen des Kompetenzmodelles

Für die Umsetzung des Kompetenzmodelles sind mehrere Wirkungsdimensionen der HR-Arbeit integrativ zu berücksichtigen, damit sich optimale Synergien ergeben.

 

– Rekrutierung: Die Kompetenzprofile sind wichtige Selektionsinstrumente und finden Eingang in Bewerbungsgespräche, Assessments sowie Stellenprofile und -anzeigen.

– Performance: Individuelle Leistungsbeurteilungen und Beförderungsrichtlinien sind auf die definierten Kompetenzen abzustimmen.

– Entwicklung: Persönliche Entwicklungspläne, Schulungen wie auch Leadership-Kurse basieren auf dem Kompetenzmodell.

– Kultur: Initiativen und Anlässe wie auch generell die Massnahmen der Organisationsentwicklung repräsentieren die Werte und Kompetenzen.

 

Integrierte Anwendung

Damit unternehmensweit auf allen Stufen – vom Mitarbeiter bis zur Unternehmensleitung – eine konsistente Beurteilung möglich wird, sind die einzelnen Kompetenzen detailliert und differenziert zu beschreiben (Kompetenzprofile). Ziel ist, ein gemeinsames Verständnis zu etablieren und beobachtbares Verhalten beurteilbar zu machen – z.B. in fünf Stufen von hervorragend bis ungenügend. Dabei sind mehrere Dimensionen zu berücksichtigen: einerseits die hierarchische Position (z.B. Geschäftsleitung, Direktion, Vize-Direktion, Mitarbeiter) sowie die Funktion (Führungsrolle, fachspezifische Funktion). Dies ermöglicht im Sinne der Marke stufen- und funktionsgerecht Stärken sowie Entwicklungspotentiale zu identifizieren.

 

Die grosse Herausforderung besteht darin, einerseits möglichst präzis und verbindlich sowie zielgruppenspezifisch die Erwartungen explizit festzulegen und andererseits den individuellen Stärken der Mitarbeitenden gerecht zu werden. Damit wird auch klar, dass ein Kompetenzmodell eine wertvolle Grundlage liefert, den individuellen Entwicklungsplan des einzelnen Mitarbeiters aber nicht ersetzen kann.

 

Auswirkungen auf die Organisations- und Personalentwicklung

Die bewährten Tools der Organisations- und Personalentwicklung im Bereich der Teambildung oder Führungsausbildung liefern wertvolle Multiplikatoren für die definierten Verhaltensweisen und Kompetenzen. Gerade der in den letzten Jahren erfolgreiche Ansatz des lösungsorientierten Coachings bietet eine Plattform, mit der diese Kompetenzen einzeln oder in Gruppen trainiert werden können. Denn noch oft ergeben sich die im Rahmen von Schulungen behandelten Fragen und Themen aufgrund genereller organisationsbezogener Aspekte (wie Fragen zur Führung oder Teamproblematiken). Die konkreten Verhaltensweisen im Sinne der Marke werden noch wenig thematisiert und trainiert. Einzel- und Teamsettings können sich vermehrt der Frage widmen, wie die markenbasierten Kompetenzen konkret in den Alltag übersetzt werden können.

 

Erfolgsfaktor Markenpersönlichkeit

Das Erarbeiten eines Kompetenzmodells basiert auf den Grundlagen der Markenpersönlichkeit. Es ist somit unabdingbar, dass die Markenpersönlichkeit derart definiert ist, dass sie eine relevante Basis für das Kompetenzmodell darstellt. Nur so ist gewährleistet, dass Marke und Mitarbeiter in verbindlicher Synergie zusammen finden – auf dem Weg zu einem integrierten «Brand & Talent Management».

 

Pascal Geissbühler/Branders