Der CEO repräsentiert die Marke an vorderster Front. Er ist der beste Marken-botschafter, wenn er selber als authentischer Vertreter der Marke wahrgenommen wird. Dabei steht nicht der CEO als Marke im Vordergrund, sondern seine Funktion als Vermittler zwischen Unternehmensmarke und Stakeholdern.
Wer kennt sie nicht, die Beispiele bekannter Chefs: der Auftritt in Jeans von Steve Jobs als Ausdruck unbeirrbarer Individualität, der Multi-Uhrenträger, Pirat und Retter der Schweizer Uhrenindustrie Nicolas Hayek Sr., der Rebell und Virgin-Abenteurer Richard Branson, Jill Sander als eleganteste Verkörperung ihrer eigenen Marke. Sie alle verbindet bei aller Unterschiedlichkeit zumindest eine Gemeinsamkeit: Sie wecken ein klares Bild. Eine klare Vorstellung, Assoziationen, ein Image. Und im Idealfall steht dieses Bild auch für das erwünschte Markenbild des Unternehmens. Hier liegt der zentrale Erfolgsfaktor des CEO-Branding. Denn Fakt ist: Die Reputation eines Unternehmens ist unmittelbar mit derjenigen des CEO verbunden, über 50 Prozent der Unternehmensreputation basieren auf der CEO-Reputation, fand das PR-Unternehmen Burson-Marsteller heraus. So selbstverständlich starke Persönlichkeiten ihre Marken immer schon geprägt haben, so brisant ist das Thema in der heutigen Zeit.
Von der Unternehmer- zur Managerkultur
Familien- oder inhabergeführte Unternehmen mögen es zumindest in einem Punkt einfacher haben: Die Geschichte hinter dem Unternehmen ist oft mit Personen verbunden. Dies lässt sich oft gut für die Geschichte der Marke verwenden, wie das Beispiel der Swatch Group zeigt. Nick Hayek jr. führt das Unternehmen ganz im Sinne seines Vaters weiter und damit die Werte der Marke, sowie auch seine Position als Wirtschaftsrebell und Verteidiger des Uhrenwerkplatzes Schweiz. Doch für andere und nicht inhabergeführte Unternehmen sieht die Situation anders aus. Gerade heute: Die Zeiten globalisierter Märkte betreffen zunehmend auch den Arbeitsmarkt und damit die Führungsetagen international tätiger Konzerne. Wo früher Patrons alter Schule über lange Jahre die Geschicke eines Unternehmens verantworteten und das Bild in der Öffentlichkeit prägten, herrscht heute ein zunehmend wechselndes und austauschbares Karussell von Managern vor. Die Schlagzeilen um Chefwechsel, um Strategiewechsel und Restrukturierungen jagen sich und gehören zum wirtschaftlichen Alltag. Unsicherheit ersetzt, was früher als sicher galt, für Mitarbeitende wie für Konsumenten.
Insbesondere in Zeiten der Unsicherheit und Austauschbarkeit werden der Wunsch nach Orientierung und Authentizität und damit die Sehnsucht nach Identifikationsträgern zu prägenden Merkmalen der Gesellschaft. Führungspersonen, die für klare Werte und Themen stehen, werden immer mehr zu wichtigen Erfolgsfaktoren für Unternehmen.
Von der PR-Arbeit zum Fit zwischen Marke und CEO
Der Anspruch, mit dem CEO in der Öffentlichkeit ein beabsichtigtes Bild zu vermitteln, ist für die PR-Arbeit klassisch und nicht neu. Doch die Abstimmung mit der Marke und das gezielte und langfristige Etablieren des CEO als Teil des Markenerlebnisses findet noch wenig statt. So sind die einzelne Preisverleihung oder die häufige Medienpräsenz alleine noch kein Indikator dafür, ob CEO und Marke synergetisch aufeinander abgestimmt sind. Die reine Bekanntheit garantiert noch keine Identifikation mit einem markenspezifischen Thema. Im Fokus des CEO-Branding steht nicht die möglichst prominente und schillernde Inszenierung des CEO als Person im Sinne des Personality Brandings – Stars und Idole sind nicht das Ziel. Vielmehr geht es darum, den Chef als wichtigen Botschafter der Unternehmensmarke zu etablieren. Dabei geht man beim CEO-Branding von den Werten der Unternehmensmarke aus. Dies setzt voraus, dass die Markenpersönlichkeit des Unternehmens klar definiert ist und damit verbunden neben den Werten auch der Stil und die Themen, mit denen die Marke in Verbindung gebracht werden will. So kann ein Abgleich mit der individuellen Persönlichkeit des CEO statt finden. Die Frage lautet also: Was kann der CEO aufgrund seiner Persönlichkeit für einen konkreten Beitrag leisten, um die Positionierung der Marke glaubwürdig voranzutreiben und sie als oberster Markenbotschafter intern und extern zu vermitteln? Dabei gilt: Es muss authentisch wirken. Ein stiller Schaffer lässt sich zum Beispiel nicht als glaubwürdiger Vertreter einer jugendlichen, «sexy» Fashionmarke aufbauen – da passt im Falle des Fashionbrands «Tally Weijl» die originäre Gründerin besser zum Bild.
Weniger ist mehr
Wichtig für das konsistente Markenbild sind wenige, dafür relevante und differenzierende Themen – oder eben ein Thema. Das Fokussieren steht jedoch häufig im Widerspruch zur gängigen Praxis vieler Unternehmen. Oft werden gerade im Sponsoring immer noch nach dem Giesskannenprinzip Veranstaltungen unterstützt, die weder mit dem CEO noch der Marke in Verbindung gebracht werden. Die Frage also lautet: Mit welcher Plattform lässt sich mit dem langfristigen Engagement des CEO für die Marke am meisten Wirkung erzielen? Immer mehr treten dabei nachhaltige Initiativen mit vertieftem und persönlichem CEO-Engagement in den Vordergrund. Im Idealfall lässt sich ein Thema identifizieren, für das der CEO leidenschaftlich und persönlich einsteht. Das reine Sponsoring oder Einzelmassnahmen treten in den Hintergrund. So unterstützt bei Novartis der CEO – ehemaliger Spitzensportler – eine interne Gesundheitsinitiative zur Sensibilisierung von Mitarbeitenden.
Wer eine gute Geschichte erzählt, wird damit identifiziert. Nur: Wem gehört die Geschichte? Wem es als CEO gelingt, sich mit einem Kernthema der Marke in Verbindung zu bringen, sieht sich bei einem Stellenwechsel mit der Aufgabe konfrontiert: Wie kann ich das Thema der Marke wieder übergeben? Oder: Wie kann ich als CEO eines anderen Unternehmens ein neues Thema angehen? Für das Unternehmen wiederum stellt sich die Frage: Welcher CEO passt eigentlich zur Marke, zur eigenen Geschichte? Im besten Fall sind diese Fragen frühzeitig geklärt. Und langfristig gültig. Für die Marke wie auch für den CEO.
Der CEO als Identifikationsfigur
Unternehmen stehen im Wettbewerb. Der Kampf um Aufmerksamkeit betrifft damit auch die obersten Chefs: Wer schafft es, erfolgreich seine Unternehmensmarke zu positionieren und dann noch mit einem spezifischen Thema in Verbindung gebracht zu werden? Auch intern für Mitarbeitende gilt es, Akzeptanz und Orientierung zu schaffen bezüglich einer neuen Strategie. Die Marke hilft, den Wandel aktiv zu gestalten und erlebbar zu machen. Was in Unternehmensstrategien häufig sehr rational in Charts und Grafiken abgehandelt wird, kann die Marke als emotionales Vehikel erlebbar machen, als Geschichte, als ein gemeinsames Stück Kultur. Damit hat das CEO-Branding auch eine wichtige unternehmensinterne Funktion: Der CEO als oberster Markenbotschafter personifiziert die Strategie, im besten Fall als Identifikationsfigur. Noch heute kursieren in den Gängen im Hauptquartier von Apple in Kalifornien Geschichten rund um Steve Jobs: Wer ihn wo erlebt hat, motivierend, visionär, durchaus fordernd, mitunter unberechenbar in seiner ganzen Widersprüchlichkeit, aber authentisch eben. Es sind dies Geschichten eines Chefs, der die Vision und die Strategie der Marke genuin verkörperte.
* Pascal Geissbühler ist Strategy Director beim Beratungsunternehmen Branders in Zürich.